Gundelach-Röntgenröhre-XXL

 

  Tube Museum / Collection
Udo Radtke,  Germany
  2020-10-22


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60x170cm für das Museum in Gehlberg

Bei Emil Gundelach in Gehlberg, Thüringen, entstanden Anfang 1896 die weltweit ersten Röntgenröhren. Am 08. Nov. 2020 wird es genau 125 Jahre her sein, dass W.C. Röntgen die Röntgen-Strahlen entdeckte. Im Herrenhaus der Gundelachs befindet sich heutzutage das Museum "Thüringer-Museumspark".

Es bestand zunächst der Wunsch, eine Gundelach Röntgenröhre von 1900, in überdimensionaler Größe, naturgetreu aus Plexiglas nachzubauen. Der Kugeldurchmesser soll nach Möglichkeit weit über 1m betragen und die fertige Röhre sollte dann anschließend im Park in Gehberg aufgestellt werden.

Davon habe ich sofort abgeraten, da zu befürchten ist, dass Kinder darauf herumklettern werden und die Röhre in kürzester Zeit beschädigt sein wird. Stattdessen machte ich den Vorschlag, die Röhre in einer etwas kleineren Größe herzustellen und anschließend vor dem Museum in etwa 3m Höhe aufzustellen. Also begann der Planung und der Beschaffung von Material. Erst später erkannte ich, auf was ich mich da eingelassen hatte. Um die Neugier des  Lesers zu stillen, hier schon mal vorab die fertige Röhre. Kugeldurchmesser 600mm, Länge 1700mm.

XXL-Röntgenröhre
Die fertige XXL-Röhre auf den Bauteilen des künftigen Gestells

Es ging weiter mit der Beschaffung einer passenden Kugel. Bald stellte sich heraus, dass es auf dem Markt keine fertige Kugel gibt. Sie wird immer aus zwei geblasenen Hälften zusammen gesetzt. Dazu wird eine runde Acrylplatte unter einen kreisrunden Flansch gespannt, mit Wärme-Strahlern zum Erweichen gebracht und anschließemd mit Druckluft in eine halbkugelige Form geblasen. Es entsteht eine Halbkugel mit einem ca. 5cm breiten umlaufenden Flansch. Dennoch beträgt die Höhe anschließend etwas weniger als der Halbmesser am Flansch. Die Kugel wird also nicht geometrisch exakt eine Kugel. Das aber fällt nicht weiter auf.

Wie nun daraus eine Kugel machen? Fräst man die Flansche ab, so hat man instabile Halbkugeln und wie soll man die nun zusammenkleben? Außerdem sind in die Kugel hinein diverse Löcher zu fräsen. Einige Hersteller machten mir dazu Angebote, die jenseits meiner Vorstellung lagen, heute weiß ich warum.

Rohkugel aus Acryl
Zwei Halbkugeln mit reduziertem Flansch zusammengelegt.

Ich hatte jetzt eine Idee. Den Flansch bis auf 2cm abzufräsen zu lassen, um die Halbkugeln wenigsten noch spannen zu können und dann von Innen  in den V-förmigen Spalt Kleber einzubringen um später den Flansch auf Null abfräsen zu können.  So wurde es dann vorbereitet.

Flanschbereich der Kugel  Der V-förmige Spalt zwischen den Flanschen

Ich brachte die Hälften zu einem für solche Arbeiten spezialisierten Betrieb in meiner Nähe. Die boten an, auch die Verklebung auszuführen. Also ließ ich die Kugel da. Nach einigen Tagen fragte ich mal wieder nach und bekam die Antwort, dass erst eine winzige Strecke geklebt worden sei. Es hieß, man könne am tiefsten Punkt immer nur 2-3cm kleben und müsse dann ca. 1 1/2h warten bis der Kleber erhärtet sei. Erst dann könne man die Kugel 3cm weiter drehen und die nächste Klebung vornehmen. Andernfalls würde der flüssige Kleber zum tiefsten Punkt fließen und sich dort ansammeln. Der Vorgang sollte sich über fast 2 Wochen hinziehen. Der Plan, den Flansch dann noch auf Null abzufräsen und zu polieren, gaben wir auf. Wir einigten uns auf 2mm Restflanschhöhe.

Zwischenzeitlich habe ich mich dann um die Hälse gekümmert. Die sollten an einem Ende wie eine Trompete aufgeweitet werden, um die Originalform einer alten Röntgeröhre am Übergang zur Kugel optisch besser zu gestalten. Dazu wurden Holzklötze gedrechselt, die leicht in das innere des Rohres hineinpassten, dann aber  trompetenartig im Durchmesser größer wurden. Das Acrylrohr kam auf eine Drehbank. Das aufzuweitende Ende wurde mit Heißluft bis zum Erweichen gebracht, dann das Holzmodell mit der Pinole hineingedrück.

XXL-Röntgenröjhre, Aufweiten der Hälse
Das Aufweiten der Hälse unter Temperatur mittels Formteil

Die Kathode und die Anode wurden aus Aluminium aus massiven Alublöcken gedreht. Um sie zukünftig vor Korrosion zu schützen, wurden sie ebenso wie die sie tragenden Stangen silbrigfarben eloxiert.

 

XXL-Elektroden für Röntgenröhre

Kathoden- und Anodenteller mit den Haltestangen.


Besonders die Antikathode erforderte handwerkliches Geschick. Der massive nach Kupfer aussehende Block mit der schrägen Fläche wurde aus dem Kunststoff POM hergestellt. Der Block wurde zunächst mit doppelseitig klebendem Klebeband überzogen und anschliessend mit 0,3mm Kupferfolie beschichtet. Auf der schrägen Fläche wurde anschliessend auf gleiche Weise eine chromfarbige Metallfolie aufgeklebt.


XXL- Röntgenröhre Antikathode

Die Antikathode 90mm Durchmesser mit Kühlhülse aus Aluminium

 

Die Antikathode ist auf eine M16 Aluminiumstange aufgeschraubt. Die Stange geht durch eine Bohrung der Kugelwand hindurch und weiter durch den anschliessenden Hals bis zur schwarzen Endkappe, die ebenfalls mit einem M16 Gewinde ausgestattet ist.

XXL-Röntgenröhre, Konstruktion der Antikathode

Konstruktion der kompletten Antikathode inclusive Hals.

 

Im Original steckt die Atikathode in einer schwarz emailierten, geschlitzten Rohrhülse, die auf der Innenseite des Glashalses anliegt und so die Wärme ableitet. Bei dieser Konstruktion wurden zwei  schwarz eloxierte Aluminiumhülsen eingebaut, eine in der Kugel, die andere im Antikathodenhals. An den Enden stecken darin runde Scheiben als Abstandhalter zur mittigen 16mm Stange.

 

Auch die Ausdehnung durch Temperaturänderung war zu beachten. Bezogen auf die Aussentemperaturen kann von -20 Grad bis +30 Grad ausgegangen werden. Desweiteren werden sich die schwarz eloxierten Aluhúlsen durch Einwirkung der Sonnenstrahlung erheblich stärker aufheizen. In einem getrennten Vorversuch konnten 60° Grad gemessen werden.


XXL-Röntgemröhre Temperaturversuch

Temperaturmessung in der Sonne

 

Deshal wurden vorsorglich zwei Druckfedern aus Edelstahl mit eingebaut, welche beiderseitig die schwarzen Hülsen gegen die Wandung der Kugel drücken.

 

Die grösste Herausforderung war das Verkleben der Hälse mit der Kugel. Der anwendbare Kleber ist UV-härtend und ziemlich dünnflüssig. Solange horizontale Flächen zu verkleben sind gestaltet sich der Vorgang einfach. Hier aber haben wir, egal wo, immer kugelförmige Oberflächen. Will man da kleben, läuft man immer Gefahr, dass der Kleber irgendwo herunter läuft und die Oberfläche beschädigt.

 

Das bedeutet in der Praxis, dass man alles, aber auch wirklich alles, durch Abkleben schützen muss. Zusätzlich muss man zum Aufbringen des Klebers die Kugel ständig in eine günstige Lage bringen. Trotzdem darf man dann immer nur cm-weise Klebstoff aufbringen und muss dann wieder ca. 1/2h warten bis der zuletzt eingebrachte Kleber erhärtet ist.

XXL-Röntgenröhre Abklebung

Abkleben zum Schutz der Kugel vor abfließendem Klebstoff.

 

Unten war in der Kugel ein Loch von 135mm vorgesehen, um zur Endmontage die Elektroden einbringen zu kónnen. An dieser Stelle wurde dann auch ein großer Ring mit eingeklebter Bodenplatte zur Befestigung auf dem Stahlgestell angebracht.

XXL-Röntgenröhre-Sockelring

Angeklebter Sockelring zur Montage auf dem Gestell.


Für die Montage der Elektroden und Hälse waren die Löcher bereits vom Hersteller der Kugel gefräst worden. Nun kam es darauf an, die Hälse möglichst zentrisch zu den Bohrungen anzusetzen.

XXL-Röntgenröhre, Positionierung der Hälse
Positionieren und ausrichten der Hälse mittels durchgehender Gewindestange

Am Ende wurde eine Holzplatte mit aufgezeichnetem Durchmesser aufgesteckt und mit einer Mutter festgezogen. Danach konnte die Konstruktion passen gedreht und mit der Verklebung begonnen werden. Zunächst aber nur da, wo auch beide Teile genau aneinander passen. Die restlichen Flächen der trichterförmigen Aufweitung wurden vorsichtig mit Heißluft erwärmt und dann gegen die Kugelwand geformt.

Endkappen
Die Oiginalröhren haben am Ende der Hälse schwarze Endkappen aus Kunststoff. Für den Nachbau wurden diese aus POM-Vollmaterial gedreht. Sie wurden auf die Hälse aufgesteckt und mit ihrem Gewinde durch Drehen an den Stangen der Elektroden befestigt.

XXL-Röntgenröhre, Endkappen.
Endkappen aus schwarzem POM gedreht.

Die Klebestellen am Plexiglas sind ja im Prinzip wetterdicht. Anders sieht es bei den Endkappen aus. Es war kein geeigneter Kleber zu finden, der Plexiglas mit POM verklebt. Für die Abdichting steht ja nur das jeweilige Kappenenden am Plexiglas zur Verfügung. Ich erinnerte mich an an Sicaflex-221. Der Händler bot mir etwas vergleichbares von Petec an, einen schwarzen Karosserie-Dichtkleber, der ähnich wie Silikon, in ca. 1Tag brauchbar aushärtet.

XXL-Röntgenröhre, PeTec-Kleber Klebetest mit PETEC.

Ein Test über 14 Tage verlief positiv, so dass ich mich entschloss, diesen Kleber zu verwenden.

Wird fortgesetzt!

Sollte jemand eine Fehler finden oder etwas zu ergänzen haben, so bitte ich um eine Mail. In case there is something incorrect or should be added, please send me a mail.
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